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Selbsthemmung

zuletzt inhaltlich bearbeitet: April 2001

Immer wieder habe ich es erlebt, dass Fahrzeuge gekauft,  zu "Expeditionsfahrzeugen" aufgebaut und ausgerüstet wurden, die am Ende sehr viel Zeit und Geld gekostet haben, aber den tatsächlichen oder vorgeblichen Zweck nicht erfüllten. Es ist nicht gelogen, wenn ich berichte, dass ich Kunden hatte, deren allradgetriebener LKW mit Granitfußboden und Rosenholzeinrichtung, Keramiktoilette und Waschmaschine ausgestattet war. Die Kristallgläser hingen an der Decke über der Essecke. Natürlich konnten Klimaanlage und Mikrowellenherd ebenso wenig fehlen wie die prestigeträchtige Solaranlage. Allein der Anschaffungswert führte dazu, dass das Risiko mit diesem Gerät die Heimat zu verlassen als zu groß erschien.
All der Luxus und all die Ausrüstung, die ebenso gegen die Angst wie Unwissenheit angebaut und mitgeführt wird, belastet manches Fahrzeug so, dass es eigentlich nicht einmal auf die Straße darf, weil das höchstzulässige Gesamtgewicht schon überschritten ist bevor Treibstoff und Wasser eingefüllt sind oder gar auch noch der Fahrer eingestiegen ist. Manches Fahrzeug wurde so hoch bzw. dachlastig aufgebaut und beladen, dass es im Gelände zu kippen drohte. Dieses Risiko entsteht dann, wenn Fahrzeuge mit Aufbauten knapp die größte zulässige Höhe von 4m erreichen und dann noch mit Gepäck auf dem Dach belastet werden. Mir wird regelmäßig schlecht wenn ich nur daran denke wie ein dreipunktgelagerter hoher Wohnaufbau eines Unimogs schwanken kann. Das gilt insbesondere dann, wenn der Aufbau zusätzlich noch weit über die Hinterachse  hinausragt und das Fahrzeug zu "schwänzeln" anfängt. Da fahren eigentlich hoch geländegängige Allrad- LKWs auf der Straße herum, die nicht ins Gelände können, weil die Kugelkopfkupplung am Heck sonst aufsitzt.
Wie kommt es zu diesen Fahrzeugen, die man nach wenigen Jahren geringer Benutzung für einen Bruchteil der Gestehungskosten und doch noch immer für zu viel Geld angeboten bekommt?
Manche Menschen träumen ein Arbeitsleben lang von der "Großen Reise", sie haben beruflich Erfolg, verdienen gut Geld, bauen sich ihr Häuschen, zahlen in die Rentenversicherung und Lebensversicherung ein, ziehen ihre Kinder groß. Dann kommt der Zeitpunkt der Frühpensionierung, der Lebensunterhalt ist ohnehin auf hohem Niveau gesichert, die Lebensversicherung kommt zur Auszahlung.
Jetzt plant der Herr des Hauses die "Große Reise" und dazu sein allradgetriebenes Expeditionsmobil. Seine Frau hat ihn sein Berufsleben lang im Glauben gelassen, sie wolle mit ihm die Große Reise machen. Jetzt wo sie näher kommt versucht sie es zu verhindern, indem Sie im Expeditionsfahrzeug alles haben muss, was zuhause ohnehin da ist. Der Herr des Hauses durchschaut das Spiel nicht oder will es nicht wahrhaben. In seiner Verzweiflung plant er alles mit ein, gibt es in Auftrag und bezahlt Hunderttausende von DM.
Dann kommen die zwei, drei Testfahrten nach Griechenland oder gar Tunesien und Island sowie die Einsicht, dass das doch nichts ist für "gnä' Frau". Es kommen tatsächliche oder vorgeschobene Krankheiten, Enkelkinder, Terminprobleme, denn nichts ist so stressig wie das Pensionsalter. All das soll verschleiern, dass man die Angst vor der Reise nicht überwunden hat und mit der Technik nicht zurecht kommt. Nachdem es wenige Jahre unbenutzt vor der Haustüre stand soll das prestigeträchtige Gerät wieder verkauft werden. Da stellt sich heraus, dass es trotz enormer Abschreibung für potentielle Käufer, die wirklich reisen wollen noch immer viel zu teuer, zu kompliziert, zu schwer und zu individuell geplant ist. Oft sind auch massive Planungsfehler gemacht worden, die sich nicht mehr beheben lassen und die einen Verkauf verhindern.

 

www.thuraya.de www.expeditionstechnik.de www.daerr.net


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